Liebe Kathi,
deine Reiseberichte erzählen von einem bewegten Sommer. Ganz besonders erfreut habe ich gelesen, dass du deine Reisestrecken mit dem Zug bewältigt hast und mich (und vielleicht viele andere auch) damit gedanklich wieder „auf Schiene“ bringst.
Diese Schiene führt auf direktem Weg zu grundsätzlichen Lebensstil- und zero-waste-Überlegungen, die ich im letzten Jahr angestellt habe. Ich merke, dass Milch in der Pfandflasche beim Bauern zu kaufen und mir mit festem Shampoo die Haare zu waschen, für mich nicht mehr reichen.
Natürlich ist das nicht alles was ich umsetze.
Mein zero-waste-Stil
Ich achte darauf, verpackungsfrei einzukaufen, ich mache Wasch- und Putzmittel für den Haushalt selbst, sowie auch Kosmetikprodukte, oder verzichte auf diese. Meine Kleidung ertausche ich mir oder kaufe selten etwas von Designern, die nachhaltig produzieren. Größtenteils kaufe ich Second Hand. Ich repariere, auch für andere Leute. Ich produziere Upcycling-Mode. Zwei von drei Familienmitgliedern essen vegetarisch. Ich koche meist vegan und im Sommer und Herbst essen wir Gemüse aus dem eigenen Garten. Ich fliege nicht mehr und gebe mein Wissen und meine Freude über diesen Lebensstil in Workshops weiter.
Doch ist es Zeit, weitere Schritte in den Bereichen Mobilität und Wohnen zu setzen. Das sind Themen, die ich nicht von heute auf morgen für mich verändern kann.
Ich bemerke immer wieder, wie wichtig für mich kontinuierliche Reize zu diesen schwierigen Themen sind. Danke also nochmals für deine Zugreisen-Impulse – das Thema „Auto“ ist für mich weiterhin ein schwieriges.
Wir wohnen und wohnten seit ich Kinder habe immer in ländlichen Gegenden. Trotz der Nähe zur Stadt gab es kein öffentliches Verkehrsnetz, das für mich funktioniert.
In Frauenstein hatte ich mich so weit organisiert, dass ich dank der Fahrgemeinschaften in den Kindergarten und meiner Selbstständigkeit es zum Schluss geschafft habe, das Auto 2 Tage in der Woche stehen zu lassen.
Wenn die Kinder bei ihrem Papa waren, ging ich eine halbe Stunde zu Fuß durch den Wald in die Stadt. Dort kaufte ich am Wochenmarkt ein. Das hab ich immer sehr genossen, denn diese bewussten Ausflüge waren nicht nur gut für die Umwelt, sondern auch gut für meine körperliche und seelische Gesundheit.
Wenn ich einmal viel eingekauft hatte, bin ich der Straße entlang gegangen und hatte oft das Glück, dass mich jemand den ziemlich steilen Hügel hinauf mitgenommen hat.
Doch wenn die Kinder bei mir waren, oder noch weitere Termine an diesem Tag am Plan gestanden sind, nutzten wir das Auto. Einfach, weil ich Stress empfunden habe bei dem Gedanken, mit meinen zwei kleinen Kindern und den Einkäufen den Weg zurück schaffen. Denn mindestens einer der Jungs will immer bergauf getragen werden.
Mir ist klar, dass die Kinder größer werden und es irgendwann schaffen, ohne zu jammern 45 Minuten bergauf zu gehen. Später können sie auch tragen helfen. Aber mir ist auch klar, dass es jetzt an der Zeit ist, diese Autofahrten zu minimieren. Das bedeutet für mich, meinen Habitus in Sachen Mobilität zu verändern.
Doch wie ist das machbar?
Ich kam bei meinen Überlegungen immer wieder auf zwei zentrale Themen:
Wohnort und Lebensrhythmus
Dass ich den Wohnort in der Nähe aller wichtigsten Aufenthalts wählen muss, war schnell klar. Dazu zählen Kindergarten, Schule, mein Arbeitsplatz und das Haus meiner Eltern, die einen Teil der Kinderbetreuung übernehmen, während ich arbeite. Um die langen Wegstrecken für alle Beteiligten verringern zu können, war umziehen also unumgänglich.
Wer glaubt, mit dieser Entscheidung wäre die Arbeit getan, irrt sich. Das Schwierigste ist es jetzt, eine passende Wohnung zu finden, die ich mir auch leisten kann!
Die nächste Aufgabe, die meine stetige Aufmerksamkeit erfordert ist: Wie kann ich mein Leben weniger hektisch gestalten? Mein Leben ist vollgestopft mit Terminen, die ich nicht in diesem Ausmaß erledigen kann, wenn ich nicht mit dem Auto fahre.
Dabei geht es nicht nur um Geschäftstermine und Lieferungen, die mit Rad und S-Bahn nicht zu erledigen wären. Es geht auch um Arzt- und Friseurtermine mit den Kindern, sie dann außerdem auch zum Turnen, Fußball und so weiter zu bringen.
Ich frage mich ständig, wie ich in dieser Gesellschaft und in unserer Umgebung aus dem Rad des ständigen Unterwegs-Seins ausbrechen kann? Wie schafft ihr es, zu entschleunigen und gut organisiert und klimafreundlich euch und eure Kinder zu transportieren?
Was mich freut ist, dass ich 2019 klar ein wachsendes Bewusstsein für die Klimakrise bemerke. Dank Greta Thunberg und den Fridays for Future, Mutter Erde, Beiträgen und Aktionen von Extinction Rebellion! Niemand kommt mehr an dem Thema vorbei, was auch immer darüber gedacht wird. Zero waste ist in aller Munde, denn wir müssen bei uns und unserem täglichen Leben mit Veränderungen beginnen! Wir können nicht warten, dass die Politik oder die Industrie Verantwortung übernehmen. Wir drängen diese mit unserem Tun und unserer Stimme in ein verantwortungsvolles Handeln.
Ich habe vor Kurzem mit einem Freund am Lagerfeuer gesprochen und wir waren uns einig, dass der Begriff Umweltschutz nicht glücklich gewählt ist, weil es nicht ausdrückt, dass wir Teil dieser Welt sind. Dieses Verständnis scheint den Menschen abhanden gekommen zu sein: Dass wir Teil dieser Welt sind, Lebewesen auf diesem Planeten, verbunden mit allem. So gesehen verfolgen wir mit der Rettung der Welt ein egoistisches Ziel: die Rettung der Menschen.
Hopp auf, für welchen ersten Schritt ihr euch auch immer entscheidet. Er geschieht zu eurem Wohle. Und sollte es der Schritt sein, dass ihr eure Nahrungsmittel ohne Kunststoffverpackung kaufen wollt, gibt es gute Nachrichten: Es wird uns rundum leicht gemacht!
Veränderung leicht gemacht
Ein Streifzug durch die Supermärkte hat bewiesen, dass unser Handeln bereits Veränderungen bringt: Seit diesem Jahr bieten Spar, Merkur und Billa die Möglichkeit, mit den mitgebrachten Behältern einzukaufen. Außerdem hab ich folgende Produkte in Bioqualität bei einem Streifzug durch die Supermärkte in Papier verpackt gefunden:
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- Semmelbrösel von Ja! Natürlich bei Merkur
- Basmatireis von Reyhani bei Interspar
- Kinderkakao von Ja! Natürlich bei Merkur
- Nudeln in der Papierverpackung bei Hofer
Habt ihr noch weitere Neuheiten in konventionellen Geschäften entdeckt? Wenn ja, hinterlässt eure plastikfreien Must-Haves in den Kommentaren!
Alles Liebe und #machdichfrei vom Plastik!
Deine Melanie