Liebe Franzi,
danke für Deinen Brief und Deine Ehrlichkeit. Ich fühle mich besser, da ich weiß, dass auch bei Dir nicht alles immer glatt läuft und auch Du Dich überfordert fühlst. Manchmal habe ich nämlich das Gefühl, wenn ich mit anderen Müttern spreche, dass ich von lauter „Wonder Women“ umgeben bin, die Ihre Mutterschaft und veränderte Lebenssituation nur genießen. Da kommt es schon vor, dass ich mich wunder, warum mir das nicht gelingt und ich mich frage, ob ich ein anderer Typ Mensch bin. Vielleicht?!? Wahrscheinlich?!?
An dieser Stelle baue ich gleich (Oskar sei dank!) mein neuerlerntes „Das kann ich gut“ ein und fokussiere mich mal auf das, was im Moment wirklich gut läuft, nämlich unsere Arbeit. Das können WIR gut!
Ich habe den Beitrag über Lieblingsstück auf Radio Kärnten gehört und fand ihn super! Zum ersten Mal habe ich meine aufgenommene Stimme nicht als peinlich empfunden und Du hast perfekt geredet. Da macht sich Deine Schauspielausbildung bezahlt!
So wie es im Moment für uns läuft, habe ich einfach das Gefühl, dass wir uns geschäftsmäßig im Fluss befinden und genau das machen, was wir gut können. Dabei ergänzen wir uns hervorragend. Wir sind im „Flow“!
In meinem Leben verhindert allerdings im Moment der Bereich Familie, dass ich mich unserem „Business Flow“ hingeben könnte. Seit Martin auswärts arbeitet fallen meine abendlichen Arbeitseinsätze, Lesen oder ein Bad genießen „ins Wasser“ oder besser gesagt in die schlechten Schlafgewohnheiten meiner Kinder. Ihr „Wonder Women“, wie schaffe ich es, dass meine Kinder vor 21.45 Uhr schlafen und ich ein bisschen Zeit für Lieblingsstück und vielleicht auch für mich habe???
Unser “Zu-Bett-Geh-Ablauf”
Hier unser heutiger “Zu-Bett-Geh-Ablauf”, damit Du eine Vorstellung bekommst wie meine Abende aussehen:
Jonathan, Luis und ich haben den Nachmittag bei meinen Eltern verbracht, dort zu Abend gegessen und sind danach nach Hause gefahren. Nachdem ich unsere 5 Taschen raufgeschleppt und das Auto mit Luis auf dem Schoß und Jonathan am Beifahrersitz unter dem Carport geparkt hatte, machte ich den bereits quängeligen Luis bettfertig und legte ihn in den Stubenwagen, damit er selbständig einschlafen konnte. Das machen doch zweite Kinder so, oder?!?
Vielleicht war er sich seiner Aufgabe als Zweiter in diesem Moment nicht bewusst, denn er konnte natürlich nicht einschlafen und weinte, während ich Jonathan durch die ganze Wohnung mit der Windel für die Nacht nachlief. Er hatte nämlich keine Lust ins Bett zu gehen und wollte lieber mit seiner bereits gestressten Mutter fangen spielen.
Mein Stress resultierte daraus, dass ich einerseits versuchte Jonathan bettfertig zu machen und andererseits Luis davon abzuhalten, sich in Rage zu schreien, sowie dem Umstand, dass bereits nach 14.30 Uhr war, was die Zeit ist, zu der ICH im Moment bereits reif fürs Bett bin.
Schließlich gelang es mir Jonathan, bereits gewickelt und in Pyjamas, seine Zahnbürste in die Hand zu drücken und Luis wieder auf den Arm zu nehmen.
Zwischenzeit 20.20 Uhr/Mein Gefühlsprofil: leicht gestresst nach 7 Schweißausbrüchen
Ich ging mit beiden Kindern ins Familienbett und erzählte die fadeste Geschichte über die Brüder Jonathan und Luis, die mir einfiel und probierte wieder einmal – durchaus guter Hoffnung – beide in ihren Bereich zulegen, damit sie dort einschlafen konnten. Über mein Vorhaben setzte ich sie mit folgenden Worten in Kenntnis: „So, heute probieren wieder, dass ihr in euren Betten einschläft. Die Türe lasse ich offen. Ich gehen raus und schaue später wieder nach euch“.
Nichts da. Luis beginnt zu brüllen. Er ist schon zu müde. Umdisponieren.
„Jonathan, ich gehe raus und beruhige Luis. Du wartest hier“.
Der schreiende Luis will an die Brust und trinkt sich glücklich. In der Zwischenzeit rennt Jonathan zwischen Schlaf- und Kinderzimmer hin und her. „Nein, ich will nicht schlafen!“, ist sein Statement.
Luis beißt mich mit seinem Kiefer in die Brustwarze.
Zwischenzeit 20.50 Uhr/ Mein Stimmungsbarometer fällt radikal nach 18 Schweißausbrüchen, einer wehen Brustwarze und dem Nein-Doch-Wortgefecht zwischen mir und meinem 2 ½ -Jährigen.
Wo ist der Vater?!? Leichte Hassgefühle richtetn sich gegen den Abwesenden. Nun arbeitet Martin schon seit 3 Monaten auswärts, und ich habe mich noch immer nicht an diese Sitation gewöhnt. Wann wird es für mich normal sein, dass er nicht da ist? Kann das irgendwann schön sein? So stell ich mir mein Familienleben nicht vor. Das Anzunehmen fällt mir schwer…
Die Situation eskalierte weiter, ich wollte am liebsten davonlaufen, saß aber kontinuierlich auf dem Pezzi Ball im Schlafzimmer und versuchte Luis zum Schlafen zu bringen, während Jonathan weiter im Bett herumturnte.
Zwischenzeit 21.15 Uhr/ Ich könnte ausflippen!! Beide Kinder sind noch immer wach. Der Tiefpunkt ist erreicht.
Nach 27 Schweißausbrüchen, einer wehen Brustwarze, dem Nein-Doch-Wortgefecht zwischen mir und meinem 2 ½ -Jährigen, Hassgedanken an den abwesenden Martin und unendlichem Gehüpfe auf dem Pezzi Ball war Luis doch tatsächlich eingeschlafen und ich konnte ihn in sein Bettchen legen.
Jonathan wollte mit mir kuscheln. Endlich war das möglich.
Nachdem ich den letzten Ärger ausgeatmet hatte, legte ich mich zu ihm und um 21.45 Uhr schlief auch er.
Endzeit 21.45 Uhr/Mein Status – Total Fertig!
Früher schaffen wir es einfach nicht. Gestern war es noch schlimmer, da war Luis erst um 22.30 Uhr eingeschlafen.
Nachdem ich bereits viel ausprobiert und gute Ratschläge befolgt habe und danach ständig enttäuscht war, dass bei uns einfach nichts zu helfen scheint, heißt meine Taktik nun: AUSHALTEN.
Ich versuche mich dem Flow meiner Kinder zu ergeben und es auszuhalten, dass ich keine Zeit für mich und meine Arbeit habe, weil ich weiß, dass es sich wieder verändern wird. Leben ist Veränderung!
Bis dahin kann ich nichts planen, sehr wenig arbeiten, meinen Mann vermissen und mehrmals täglich meine neue Affirmation murmeln, die mich über eine Jana Wasserflasche aus Kroatien erreicht hat: “I flow with life easily und effortlessly”
Gute Nacht,
Melanie